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Datum:07.06.04
Titel:idw v. 07.06.2004: Neue Klimadaten aus altem Antarktis-Eis
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Details1:Informationsdienst Wissenschaft - idw - - Pressemitteilung
Alfred-Wegener-Institut fuer Polar- und Meeresforschung, 09.06.2004

Neue Klimadaten aus altem Antarktis-Eis


SPERRFRIST: 9. Juni 2004, 19.00 Uhr


In dieser Woche werden in der Zeitschrift Nature Geheimnisse der
Klimageschichte gelueftet, die bisher in antarktischem Eis
eingeschlossen waren. Wissenschaftler und Techniker aus zehn
europaeischen Laendern haben im Rahmen eines seit acht Jahren laufenden
Projektes an Dome C auf dem Inlandeisplateau der Ostantarktis einen drei
Kilometer langen Eiskern erbohrt. Laboranalysen dieses Eiskerns zeigen,
wie sich in der Vergangenheit die Temperaturen geaendert haben und die
Zusammensetzung der Atmosphaere gewandelt hat. Der Eiskern enthaelt -
soweit bisher analysiert - Schneefaelle aus mindestens 740.000 Jahren.
Damit stellt er zugleich die laengste kontinuierliche Klimaaufzeichnung
dar, die je aus Eiskernen gewonnen wurde.

Erste Ergebnisse bestaetigen, dass die Erde waehrend der letzten 740.000
Jahre acht Eiszeiten (Glaziale) erlebt hat, in denen das Klima erheblich
kaelter war als heute, und acht waermere Perioden (Interglaziale). In
den letzten 400.000 Jahren waren diese Perioden durch Temperaturen
gekennzeichnet, die den heutigen Werten aehneln. Vor dieser Zeit war es
in den warmen Perioden kaelter als heute. Zugleich dauerten die
Warmzeiten laenger.

Aus dem Vergleich dieser charakteristischen Klimaaenderungen in der
Vergangenheit mit Daten zu den derzeitigen globalen Umweltbedingungen
schliessen die Wissenschaftler, dass die gegenwaertige Warmzeit ohne
menschlichen Einfluss noch mindestens 15.000 Jahre andauern wird.

In einem naechsten Schritt werden die Wissenschaftler die Luft der
Vergangenheit, die in winzigen Blaeschen im Eis eingeschlossen ist,
analysieren um herauszufinden, wie sich die Zusammensetzung der
Atmosphaere veraendert hat. Vorlaeufige Analysen zeigen, dass die
gegenwaertige Konzentration von Kohlendioxid in der Atmosphaere den
hoechsten Wert der letzten 500.000 Jahre erreicht hat. Das Verstaendnis
der Prozesse, die in der Vergangenheit zu Klimaaenderungen gefuehrt
haben, hilft den Wissenschaftlern Vorhersagen fuer kuenftige
Klimaaenderungen zu verbessern.

Die Bohrung an Dome C ist ein Teil des European Project for Ice Coring
in Antarctica (EPICA). Das Bohrteam arbeitete an Dome C bei Temperaturen
bis unter -40 ?C, in einer abgelegenen Region, die von der naechsten
Forschungsstation ueber 1000 Kilometer entfernt liegt. Das
EPICA-Konsortium wird die Bohrung Anfang Dezember 2004 fortsetzen und
hofft, in der naechsten Bohrkampagne den Felsuntergrund zu erreichen.
Lediglich 100 Meter sind noch zu bohren. - 100 Meter, die die
Klimaaufzeichnungen noch weiter in die Vergangenheit verlaengern werden:
Wenn alles klappt, steht den Glaziologen fuer ihre Untersuchungen bald
ueber 900.000 Jahre alte antarktisches Eis zur Verfuegung.

Hinweis an die Redaktionen:
Diese Pressemitteilung wird herausgegeben im Namen der Steuerungsgruppe
des Projektes EPICA, der europaeischen Union und der European Science
Foundation. In Deutschland erhalten Sie weitere Informationen bei Prof.
Dr. Heinz Miller (hmiller@awi-bremerhaven.de, Tel: 0471 4831 1210).

Als weitere Ansprechpartner stehen zur Verfuegung:

Belgien: Roland Souchez, +32 26 50 22 27; glaciol@ulb.ac.be
Daenemark: Jorgen Peder Steffensen, +45 35 32 05 57; jps@gfy.ku.dk
Frankreich: Dominique Raynaud, +33 4 76 82 42 52;
raynaud@lgge.obs.ujf-grenoble.fr
Italien: Valter Maggi, +39 264482874; valter.maggi@unimib.it
Niederlande: Michiel Van den Broeke, +31 30 253 3169; broeke@phys.uu.nl
Norwegen: Jan-Gunnar Winther, +47 77 75 05 31; winther@npolar.no
Schweden: Margaretha Hanssson, +046 8 6747865;
margaretha.hansson@natgeo.su.se
Schweiz: Thomas Stocker, +41 31 631 44 62; stocker@climate.unibe.ch
UK: Eric Wolff, +44 1223 221491; ewwo@bas.ac.uk

EPICA Community Members, 2004, Eight glacial cycles from an Antarctic
ice core. Nature 429.

Weitere Hintergrundinformationen:
Das Projekt EPICA (European Project for Ice Coring in Antarctica) wird
von einem Konsortium aus zehn europaeischen Laendern (Belgien,
Daenemark, Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien,
Niederlande, Norwegen, Schweden, Schweiz) durchgefuehrt. EPICA wird
unter dem Dach der European Science Foundation (ESF) koordiniert und
durch die beteiligten Laender und die Europaeische Union finanziert.
Ziel von EPICA ist es, im Inlandeis der Antarktis zwei Eiskerne zu
erbohren, die bis zum Felsuntergrund. Neben der Bohrung an Dome C (75?
06'S, 123? 21'E), wird auch an der Kohnen-Station in Dronning Maud Land
(75?00'S, 00?04'O) eine Bohrung niedergebracht, die mittlerweile eine
Tiefe von 2565 Metern erreicht hat. Deutscher Partner des Projektes
EPICA ist das Alfred-Wegener-Institut fuer Polar- und Meeresforschung in
der Helmholtz-Gemeinschaft (AWI) in Bremerhaven. Es traegt die
Verantwortung fuer die Bohrung in Dronning Maud Land. Darueber hinaus
obliegt Prof. Heinz Miller, stellvertretender Direktor am AWI, die
Gesamtkoordination des Projektes EPICA. Das Projekt EPICA ist eines der
Kernprojekte im Rahmen des AWI-Forschungskonzeptes Meeres-, Kuesten und
Polarsysteme (MARCOPOLI), das im Forschungsbereich "Erde und Umwelt" der
Helmholtzgemeinschaft angesiedelt ist.

Eiskerne sind Eis-Zylinder mit einem Durchmesser von 10 Zentimetern, die
im Bohrvorgang stueckweise in Laengen von bis zu 3 Metern gefoerdert
werden. Dieses Eis geht letztlich zurueck auf Schneeflocken, die in den
letzten hunderttausenden von Jahren gefallen sind und dabei im Fallen
Aerosolpartikel aus der Luft gesammelt haben. Aus den Schneeflocken
entwickelten sich im Laufe der zeit Eiskristalle, die die zwischen ihnen
gelegene Luft mitsamt kleinsten Schwebteilchen in Blaeschen
einschliessen.

Aus der Analyse der chemischen Zusammensetzung und der physikalischen
Eigenschaften des Eises und der darin eingeschlossenen Luft koennen die
Wissenschaftler die Zusammenhaenge zwischen Prozessen in der Atmosphaere
und Klimaaenderungen in der Vergangenheit studieren - Im Falle von Dome
C reicht das eisige Klimaarchiv bisher ueber 740.000 Jahre in die
Vergangenheit. Besonderes Augenmerk gilt dabei insbesondere den Effekten
von Kohlendioxid, Methan und anderer Komponenten. Die Ergebnisse werden
eingesetzt fuer bei der Ueberpruefung und Weiterentwicklung von
Rechenmodellen, die zur Vorhersage kuenftiger Klimaentwicklungen
verwendet werden.
Feldforschung in der Antarktis stellt grosse wissenschaftliche und
logistische Anforderungen an Wissenschaftler und Techniker. Die Orte an
denen im Rahmen von EPICA Eiskernbohrungen niedergebracht werden,
gehoeren zu den abgelegensten und unwirtlichsten der Welt. Einen kleinen
Eindruck liefert die folgende Uebersicht:


Geographischer Name: Dome C
Stationsname: Concordia Station
Koordinaten: 75? 06' S, 123? 21' E
Hoehe ueber Meer: 3233 m
Jahresmitteltemperatur: - 54.5?C
Mittlerer Niederschlag: 2.5 cm/Jahr
Eisdicke: 3309 +/- 20 m

Geographischer Name: Dronning Maud Land
Stationsname: Kohnen Station
Koordinaten: 75? 00' S, 0? 04' E
Hoehe ueber Meer: 2892 m
Jahresmitteltemperatur: - 44.6?C
Mittlerer Niederschlag: 6.4 cm/Jahr
Eisdicke: 2750 +/- 50 m

Bitte beachten Sie die Sperrfrist: 9. Juni 2004, 19.00 Uhr

Bremerhaven, den 7. Juni 2004
Bitte senden Sie uns bei Veroeffentlichung einen Beleg.

Das Alfred-Wegener-Institut fuer Polar- und Meeresforschung (AWI)
forscht in der Arktis, Antarktis und den Ozeanen der gemaessigten sowie
hohen Breiten. Das AWI koordiniert die Polarforschung in Deutschland und
stellt wichtige Infrastruktur wie den Forschungseisbrecher "Polarstern"
fuer die internationale Wissenschaft zur Verfuegung. Das AWI ist eines
der fuenfzehn Forschungszentren der Helmholtz-Gemeinschaft, der
groessten Wissenschaftsorganisation Deutschlands.

Hinweis an die Redaktionen:
Ihr Ansprechpartner zum Projekt EPICA ist Prof. Dr. Heinz Miller
(hmiller@awi-bremerhaven.de, Tel: 0471 4831 1210). Ihre
Ansprechpartnerin in der Presse- und Oeffentlichkeitsarbeit ist Dr.
Kerstin Elbing (Presse- und Oeffentlichkeitsarbeit;
kelbing@awi-bremerhaven.de; Tel: 0471 4831 1376).



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Art: ueberregional, Forschungsergebnisse
Sachgebiete: Chemie und Biochemie, Geowissenschaften, Mathematik und
Physik

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Und daher ist KlimaNotizen selbst auch nicht ausgewogen.
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